Das Rad des Jahres und die Jahreskreisfeste
Acht Speichen formen das Rad des Jahres, das einen kompletten Vegetationszyklus mit vier Jahreszeiten abbildet: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die vier Elemente begleiten uns durch den Kreis: Im Frühling ist es das Wasser, im Sommer das Feuer, im Herbst die Erde und im Winter die Luft. Die Sonne gibt den Takt bei diesem Tanz durch die Jahreszeiten an, sie bestimmt die Länge der Tage, und zweimal im Jahr wendet sie sich: Zur Wintersonnenwende, dem Julfest wendet sie sich uns zu, die Tage werden wieder länger. Zur Sommersonnenwende dagegen, an Litha wendet sie sich ab, denn die Tage werden ab da wieder kürzer. Zu diesen zwei Sonnenwendfesten kommen zwei Tag- und Nachtgleichen dazu.
Die Zeit der Balance
Im Frühling und im Herbst sind Tag und Nacht genau gleich lang, eine Zeit der Ausgeglichenheit und der Balance. So teilt sich das Jahresrad in eine helle Hälfte, in der die Tage länger sind als die Nächte und in eine dunkle Hälfte mit längeren Nächten. Dies symbolisiert auch den Lebensbaum: Die helle Hälfte ist die Krone des Baums und oberweltlich, die andere Hälfte liegt bei den Wurzeln und ist unterweltlich. Wir reisen also nicht nur durch die Zeit, sondern auch durch den Zyklus von Leben und Sterben. In der Kreisform des Rades liegt die tröstliche Botschaft dass alles wiederkehrt, das nichts für immer vergeht, solange das Rad sich dreht. Viele tausend Jahre lang kamen die Menschen zusammen, feierten die Feste um das Rad zu ehren und anzutreiben damit es in Bewegung bleibt.
Wo ist das Rad des Jahres hin? Und wohin wollen wir?
Die Zeiten haben sich gewandelt und heute wir leben in der Moderne, das elektrische Licht macht uns unabhängig vom Tag-Nacht-Zyklus. Moderne Anbaumethoden, Treibhäuser und globaler Handel machen uns unabhängig vom Vegetations- Zyklen und Reifezeiten und wenn wir wollen können wir auch im Dezember Erdbeeren essen. Das ist natürlich eine große Komfortzone. Wir müssen nicht mehr hungern, wir müssen nicht mehr frieren, wir haben Licht so viel wir wollen, in den Großstädten wird die Nacht schon lange zum Tag gemacht. Wir sind abgetrennt von den Zyklen die uns so lange begleitetet haben, und wir wollen am liebsten den letzten Zyklus der uns noch verblieben ist, ebenfalls (zumindest für uns) abschaffen: Das Sterben. Eine Sterbekultur haben wir nicht mehr, Alter und Tod werden an den gesellschaftlichen Rand gedrängt. Werbebotschaften verkünden uns täglich dass wir schön, fit und jung sind und es auch bleiben können so lange wir die richtigen Produkte konsumieren. Dass der Tod zum Leben dazu gehört, so wie die Nacht zum Tag, das verdrängen wir. Warum sind so viele Menschen ausgebrannt? Burn-Out als gesellschaftliches Statussymbol? Alles wird immer schneller und immer hektischer. Den Kaffee trinken wir „To Go“ denn wir haben keine Zeit. Warum eigentlich nicht? Wo wollen wir eigentlich hin?
Es ist an der Zeit durchzuatmen
Es ist an der Zeit sich darüber bewusst zu werden dass wir immer noch Teil des Zyklus sind, dass es immer Tag und Nacht geben wird, dass auf den Sommer der Herbst folgt und auf den Herbst der Winter. Wieder einzutauchen in die Gezeiten des Mondes und den Rhythmus der Jahreszeiten. Die Reise durch das Rad mit seinen acht Stationen des Werdens und des Vergehens bindet uns wieder an den Ur-Zyklus an.
Der Jahreskreis als Reise des Sonnenkönigs
Wo beginnt man einen Zyklus zu beschreiben? Meist beginnt es mit einer Geburt und so soll auch diese Beschreibung beginnen: Am 21. Dezember und der Geburt des Sonnenköngis. Denn der Jahreskreis ist die nie endende Geschichte über seine Jugend, seine Herrschaft, seinen Tod und seine Wiederkehr.
Jul
Das Julfest am 21. Dezember ist die Wintersonnenwende, die Geburt des Lichtes
Am 21./22. Dezember ist alljährlich die Winter-Sonnenwende, das Julfest. In dieser Nacht wird das neue Licht geboren, denn astrologisch ist es die längste Nacht des Jahres und danach bleibt es jeden Tag 2 Minuten länger hell. Das Lichtkind ist aus dem Schoß der Göttin geboren und ein neuer Zyklus beginnt.
Doch noch ist der künftige Sonnenkönig ein Lichtkind, ein verletzlicher Säugling. Ein kleines Fünkchen in den langen, kalten Winternächten. Und nun muss er sicher durch die Rauhnächte gebracht werden. Es ist die Zeit zwischen den Zeiten in der die wilde Jagd reitet. Auch sind es geweihte Nächte voller Zauber und Orakel. Und auch im Januar, der früher nicht grundlos „Hartmond“ genannt wurde, müssen wir das Lichtkind, unseren Hoffnungsschimmer, hegen und pflegen.
Imbolc
Das Fest Imbolc am 1. und 2. Februar ist auch bekannt als Lichtmeß, Kerzenweihfest, Lupercalia
An Imbolc, dem 1. Februar, ist es als könne unser Lichtkind schon erste Schritte gehen. Noch wackelig auf den Beinchen ist es doch schon voller Vorfreude und will die Welt erkunden. Doch noch muss es vorsichtig sein und man sollte aufpassen, dass es nicht mit Messer und Schere spielt oder einfach auf die Straße rennt. Doch die Vorfreude auf den sorglosen Frühling wird jeden Tag größer
Imbolc ist das Lichtfest, bei dem die Kerzen geweiht werden und das neue Licht mit Meditation, Räucherwerk und Orakeln willkommen geheißen wird. Am zweiten Vollmond im Februar wird auch Lupercalia gefeiert, das Wolfsfest. Hier gedenken wir unserer tiefen Wurzeln und verbinden uns mit den „Wilden Kräften“.
Ostara
Ostara am 20.-23. März ist die Frühlings Tag-/Nachtgleiche, das sprießende Leben
Ab März erwacht das Leben und die Tage fliegen dahin. Die ersten warmen Sonnenstrahlen wecken die Lebensgeister. Die Hasen huschen wieder über die Felder und die Hühner legen die ersten Eier. Am 21. März ist Ostara.
Es ist die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche und unser Sonnenkind ist zu einem lebhaften Jüngling herangewachsen. Verspielt tobt er mit der jungfräulichen Frühlingsgöttin über die Wiesen. Es ist eine unbeschwerte und sorglose Zeit. Erst zaghaft doch mit immer mehr Elan übernimmt er die Aufgabe das Land zu befruchten.
Bis der Jüngling zum Manne reift. Ein stattlicher junger Mann, den man sich schon als künftigen Sonnenkönig vorstellen kann. Kraftvoll und geschmeidig wie ein Jäger. Wild und geheimnisvoll wie ein Krieger. Und doch so sanft und romantisch, denn seine Liebe gilt einzig der Frühlingsgöttin.
Beltane
Beltane wird in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai gefeiert, der Walpurgisnacht, der Nacht der heiligen Hochzeit
In der Nacht zum 1. Mai (Beltane) umschlingen die beiden jungen Gottzeiten einander und im Schein der großen Maifeuer vollziehen sie die heilige Hochzeit. Ab nun übernimmt der junge Sonnenkönig Verantwortung und geht ganz in seiner Aufgabe aus, dem Land/der Natur Fülle und Fruchtbarkeit zu bescheren.
Es ist ein rauschendes Fest des Lebens und der Fruchtbarkeit und die Felder werden gesegnet. Tanz, Musik und Feuer erfüllen die Nacht. Die Wände zwischen den Welten sind dünn und magische Wesen aus der Anderswelt bevölkern die Kraftplätze.
Litha
Litha, zwischen 20. und 23. Juni ist die Sommersonnenwende und Krönung des Sonnenkönigs
Am 21. Juni ist es dann soweit: Es ist die Sommer-Sonnenwende Litha und der Sonnenkönig steht am Gipfel seiner macht und Pracht. Es ist der längste Tag des Jahres und ab nun wird es jeden Tag 2 Minuten eher dunkel. So weiß auch der König, dass dieser Höhepunkt auch ein Übergang ist Er wird älter und nicht ewig König sein. Doch er hat noch viel Arbeit vor sich, denn die Natur will wachsen und gedeihen, die Früchte wollen reifen und alles Angefangene will zum Abschluss gebracht werden.
Lammas
Lammas, die Nacht vom 31. Juli auf den 1. August ist das Schnitterfest
So beginnt am 1. August die Erntezeit. Es ist Lammas, auch Lughnasad genannt, und der König wird zum Richter. Denn ab nun holt die Sense die Ernte ein. Im Frühling brachte der Sonnenkönig seinen Samen in die Erde und ließ es im Sommer wachsen und gedeihen. Nun muss er entscheiden was noch weiter reifen soll und was schon geerntet werden kann. Er beginnt zu sortieren und zu reduzieren. Langsam aber sicher.
Dieses Fest wird auch Fest des Ersten Brotes genannt. Es ist das erste Erntefest, voller Dankbarkeit und Freude.
Mabon
Die Zeit von Mabon ist der 20.-23. September an der Herbst Tag-/Nachtgleiche, auch Erntedank
Der Ernst der Lage tritt erst an Mabon zur Herbst Tag- und Nachtgleichen in den Vordergrund. Denn nun sind die Nächte länger als die Tage und die dunkle Hälfte des Jahresbeginnt. Der Sonnenkönig spürt sein Alter und die Bürde seiner Pflichten. Seine Kraft schwindet, doch er ist nicht allen, denn an seiner Seite ist seine geliebte Göttin. Auch sie reifte heran und entwickelte sich zu einer Muttergötting. Nun kümmern sie sich gemeinsam um das Land und sie schwingt für ihn die Sense. Denn mit jedem Schnitt wird er schwächer.
Mabon ist das zweite Erntefest und ist ein Fest der Gerechtigkeit und der Ausgeglichenheit von Oben und Unten. Für einen Moment steht alles still, denn alles ist im Gleichgewicht.
Samhain
Samhain ist die Nacht vom 31. Oktober auf den 1.November, es ist Hexenneujahr
Zum dritten und letzten Erntefest, am 31. Oktober ist alles zu Ende. Der Sonnenkönig verlässt uns und geschwächt wie er ist zieht er sich zurück unter die Erde. Es ist sein symbolischer Tod. Die Vegetationsperiode ist vorbei und was bisher nicht geerntet oder beendet wurde, das wird nichts mehr. Denn es folgen Wochen der Dunkelheit und der Stille. Die Muttergöttin zieht ihr schwarzes Gewand an, denn der Sonnenkönig wurde wieder zu Erde und ist somit in ihrer Obhut. Sie bringt die Welt zur Ruhe und lässt die Erde schlafen.
Der Sonnenkönig wird zum Herrn der Schatten. Die Wände zwischen den Welten sind dünn und wir gehen ins „Dunkle Viertel“, die Ahnen werden geehrt und Orakel um Rat gefragt. Der Zyklus des Rades endet, um an Julfest neu zu beginnen.