Hagalas wird oft als Einstieg in einen Initiationsprozess beschrieben. Als erste Rune des zweiten Aett. Also sollte man sich spätestens an dieser Stelle die Aett der 24er Runenreihe wohl genauer ansehen.
Exkurs in die Aett
Leider gibt es hier zahlreiche Ansätze und Interpretationen. Sicher ist wohl nur, dass die 24 Runen schon früh in drei 8er-Reihen unterteilt werden, in die drei Aett. Hinweise darauf gibt es schon seit ca. 500 v.Chr (in den Brakteaten von Vadstena und Grumpan).
Am nettesten umschrieben fand ich folgende kurze Zusammenfassung: Das 1. Aett beschreibt, wie man ein gutes und weltliches Leben führen kann. Es geht um Entstehungsprozesse für Hab und Gut.
Das 2. Aett beschreibt einen Weg der inneren und spirituellen Weiterentwicklung. Es geht um Charakterreife und den Sinn des Lebens. Das 3. Aett beschreibt das Zusammenleben in der Gemeinschaft und die zwischenmenschlichen Interaktionen.
Eine mögliche Interpretation wäre also diese: Wir kommen also aus dem 1. Aett. Wir hatten mit Null und nichts angefangen und uns mit Fehu und Urus erste einmal eine Basis aufgebaut und einen Raum geschaffen. Mit Thurisas bauten wir einen Zaun und haben uns abgegrenzt, um unseren Raum vereidigen zu können. Mit Ansus gingen dann auf diesem umzäunten Grundstück die Bauarbeiteten los und Raido half dabei, dass diese Arbeiten kontinuierlich weitergehen und wir nicht nachlässig wurden. Mit Kenas setzten wir die letzen Details zur Vollendung und kamen mit Gebo in die Fertigstellung, so dass wir mit Wunjo die Einweihung feiern konnten: „Seht, was wir geschafft haben!“
Und dann kommt ein Hagelsturm und prüft, wie stabil das ist was wir geschaffen haben.
Das ist nur eine mögliche und ausgesprochen schlichte Interpretation des 1. Aett. Und natürlich geht es hier noch deutlich weiter in die Tiefe. Aber wie genau da was zu deuten ist, da halte ich mich raus. Denn die Meinungen gehen weit auseinander und jede Interpretation, die ich bisher gelesen habe, ergibt für sich genommen auch durchaus Sinn. Ich werde also im Laufe meiner Runenreise selbst einen für mich stimmigen Sinn finden müssen.
Nun aber wieder zurück zum eigentlichen Thema:
Die Rune Hagal: Alles auf Null und nochmal von vorn
Hagal ist eine der Winter-Runen und steht für Hagel und Schnee – eben diese weiße Schicht aus Kälte und Stille, die alles unter sich begräbt. Diese weiße Decke hat durchaus auch schützende Eigenschaften, denn sie schützt die Samen in der Erde vor zu starkem Frost. Dennoch ist der Winter/die Rune Hagal nicht lieblich oder sanft, denn sie zerstört alles, was nicht ausreichend gefestigt ist.
Außerdem wird Hagal auch oft als „Hagelsturm“ übersetzt und eine solche Naturgewalt unterscheidet nicht, wen oder was es trifft und du kannst diesen Sturm nicht kontrollieren. Sie ist die Rune der Transformation.
In der Überlieferung klingt es garnicht so schlimm und eher nach Vergänglichkeit. Da heißt es im altenglisches Runengedicht
Hægl byþ hwitust corna;
hwyrft hit of heofones lyfte,
wealcaþ hit windes scura;
weorþeþ hit to wætere syððan.
Hagel ist das weißeste Korn;
es fällt aus des Himmels Luft
wird vom Wind verweht;
und wird zu Wasser sodann.
Persönliche Anmerkungen
21.10.2022
Ich hatte mich eine Weile davor gesträubt, mit Hels-Aett und der Rune Hagal meine Runenreise fortzusetzen. Denn mit Kenas, Gebo und Wunjo hatte ich eine wundervolle Zeit. Mein Leben war grenzwertig turbulent aber stets hatte ich das beruhigende Gefühl, dass im Grunde alles in Ordnung ist und alles gut ausgehen wird. Und genau so war es auch. Wohl Wunjo!
Jetzt ist Ende Oktober und es geht auf Samhain zu und auf Abschied nehmen. Abschied von Licht und Wärme des Sommers, denn die Schatten rufen. Nun fühlt es sich genau richtig an, in die Energie von Hagal einzutauchen.
Allgemein wird die Rune Hagal mit einem Hagelstrum im Winter verglichen. Einem starken Sturm, der alles dem Erdboden gleichmacht und so Raum für Neues eröffnet.
Beim Lesen der Texte musste ich sehr an die hinduistische Göttin Kali denken. Dabei finde ich persönlich die Göttin Hel, nach der Hagalas auch manchmal benannt wird (Hel-Rune), noch deutlich netter.
05.12.2022
Seit Wochen schon beobachte ich mein Leben und achte auf Zeichen von Hagals. Letztlich war es das Wetter. Denn wir hatten einen goldenen Oktober und einen milden November, so dass im Garten auch Ende November noch Blumen blühten.
Und dann gab es in einer einzigen Nacht Frost. Alle Blumenpracht war am Morgen dahin und einem Haufen grauem Matsch gewichten. Ups.
26.03.2023
Nun hat es wirklich lange gedauert bis ich den Moment spürte, dass es an der Zeit ist mich der nächsten Rune zuzuwenden. Energetisch stehen wir gerade zwischen einem Schwarzmond mit Sonnenfinsternis und dem Jahreskreisfest Beltane. Die internationalen Konflikte erreichen wohl die nächste Ebene und die Wirtschaft kämpft mit dem Fachkräftemangel, während viele Junge Menschen die nächste Hippie-Welle in Schwung bringen! So bin ich denn gespannt was kommt und harre der Dinge. Ich und die Meinen, wir kamen gut über den Winter – jetzt ist Frühling! So lasst uns ums Feuer tanzen und frohes Beltane!
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