Rune Fehu – 1. Station der Runenreise unserer Drude

Willkommen bei der 1. Station meiner Runenreise, der Rune Fehu

 

Holzplatte mit der Rune Fehu eingeritzt

Die Deutungen der Rune Fehu variieren von “Rind”, “beweglicher Besitz”, “Feuer”, “schöpferische Kraft” bis “ausgleichend”.

Über die Deutung und Bedeutung von Runen kann man allerhand nachlesen. Schnell wird jedoch klar, dass überall leicht abgewandelte Deutungen zu finden sind. Wie ich in der Einleitung zu meiner eigenen Runenreise beschreibe, habe ich allerlei Deutungen zusammengetragen und verschiedenen Deutungen aufgeführt – und mit meiner ganz persönlichen Meinung versehen. Doch lest selbst:

Deutung: Rind (beweglicher Besitz, Wohlstand, Wachstum)

Allgemein wird der Name Fehu mit “Rind” übersetzt und in seiner Form sind symbolisch zwei Hörner zu erkennen. Rinderherden wurden früher mit Reichtum gleichgesetzt, denn wer viele Tiere besaß, hatte genügend zu essen und ein wichtiges Tauschobjekt. Fehu wird ebenso mit Fruchtbarkeit und der Mehrung des beweglichen Besitzes assoziiert – also der Vergrößerung seiner Herde.

Nun, ich persönlich sehe wenig Sinn darin die Rune Fehu mit “Rinderherde” zu übersetzen. Wer sich ein wenig mit Viehwirtschaft beschäftigt findet schnell heraus, dass jeder angesehene Bauer seine Kühe im Stall hat. Nur Kühe, keinen Stier. Kühe sind wunderbar sanfte und ruhige Tiere. Da sehe ich kaum Verbindung zu der “Urkraft der Ausdehnung” die Fehu zugeschrieben wird und zu der ich im nächsten Abschnitt komme. Ja, wer viele Tiere besitzt ist wohlhabend, doch sind es “nur” Kühe und diese Kuhherden vermehren sich nicht aus sich selbst heraus – sie brauchen einen Stier und der kommt nur einmal im Jahr hinzu um seine Arbeit zu tun.


Wohlstand und Verantwortung

Das englische Wort “fee” (Gebühr), leitet sich etymologisch von Fehu ab und es liegt daher nahe Fehu mit Geld zu übersetzen.
Auch das alljährliche Decken der Kühe durch den Stier war ein lukratives Geschäft für den Stierbauern und er war ein wohlhabender und angesehener Mann in der Dorfgemeinschaft. Doch nicht nur der Stier mit seiner Kraft hat das Potenzial großen Schaden anzurichten. Dem Bauer selbst kann innerhalb der Gemeinschaft übel mitgespielt werden, denn wer Wohlstand und Macht hat, der hat auch Neider.
Bei den meisten Kriegen geht es um Geld – und wer Geld hat hat auch Macht. Meist wissen die Leute garnicht, was sie mit der angestrebten Macht anfangen würden – aber haben wollen tun sie sie um jeden Preis.

Aus Neid entsteht sehr leicht ein Konflikt. Mythologisch wird dies mit der Geschichte von Gullweig der Goldreichen wunderbar beschreiben: Der um sie entbrannte Konflikt unter den germanischen Göttern richtete auf beiden Seiten großen Schaden an und der dadurch errungene Fortschritt hatte einen sehr hohen Preis. Auch die indische Göttin Lakshmi lehrt uns die dynamische Wechselwirkung von Wohlstand und Großzügikeit, denn je mehr sie gibt, desto mehr Fülle und Reichtum hat sie um ihn wieder zu teilen.
Reichtum und Macht gehen einher mit einer großen Verantwortung für den Frieden und nur ein gesunder Umgang mit seinem beweglichem Besitz (Geld) kann Streit und Habgier verhindern.

Genau hier steckt die Dynamik der Rune Fehu, denn ein Stier will sich Fortpflanzen, das Leben will wachsen und Geld will fließen!


Deutung: Urkraft der Ausdehnung

a) Im Rind-Kontext

Der Rune Fehu wird auch eine zerstörerische Komponente zugeschrieben die ich durchaus im Stier wiederfinde, nicht aber in den sanften Kühen die meist erst rennen wenn Panik ausbricht. Ein Stier jedoch hat eine Urkarft in sich die bei der kleinsten Gelegenheit ausbrechen kann und unkontrollierbar alles niederwalzt was ihr in den Weg kommt. Ein Mensch, der in Ekstase (Wut oder Leidenschaft) verfällt, stellt dieses chaotische Energie ausgezeichnet dar.

In der Region um mein Kuhdorf gab es nur einen Stier und der Stier-Bauer war ein sehr wichtiger Mann in der Gemeinschaft. Sein Stier bestimmte welche Rinderherde wachsen durfte und welche Kühe Milch gaben. Doch hat es seinen Grund, dass nicht jeder einen Stier hat: Ein Stier ist ein kraftvolles und temperamentvolles Tier.
Daher hat der Stierbauer auch keine eigenen Kühe, denn diese würden den Stier toll machen. Ein Stier ist Testosteron auf Hufen und es gilt ihn, seine Kraft und sein Temperament im Zaume zu halten. Begegnen sich zwei Stiere die um das Vorrecht der Paarung streiten, entbrennt ein Kampf der Titanen. 1000 kg Muskeln und Knochen prallen mit voller Wucht aufeinander.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies zu früheren Zeiten der Kelten, vor allem vor dem Zeitalter der künstlichen Befruchtung, auch schon so war.

Für mich steht Fehu daher eher für einen Stier als für eine Rinderherde im Besitz eines Menschen.

b) Im Kontext Anfang, Geburt, Wachstum: Expansive Schöpfungsenergie

Fehu steht (in den meisten Interpretationen) an erster Stelle des Futhark und wird daher mit dem Neubeginn und Anfang assoziiert. Verbindet man diese Neubeginn-Stimmung mit dem animalischen Aspekt des Stieres ist man bei der Fruchtbarkeit. Etwas “bricht hervor”, “das Leben explodiert”.

Hier sehe ich in Fehu den übermächtigen Fortpflanzungstrieb und Überlebenswillen den jedes Lebewesen hat.

In Meditationen ist mir die Rune Fehu im Erd-Kontext begegnet. Manchmal als Apfelbaum voller roter Äpfel und einmal als Apfel selbst. Hier ist es nicht die Rinderherde, die die materielle Fülle und den Wohlstand symbolisiert, sondern es ist die Fülle der Natur um uns die uns die Lebensgrundlage bietet. So könnten die beiden Diagonalen Fehus auch Äste statt Hörner sein.
Der Apfel steht mythologisch auch für Neubeginn, Fruchtbarkeit und Fülle und passt so durchaus in diesen Kontext.

Ein Apfelbaum ist jedoch ein sehr stilles Bild und passt meines Verständnisses nach irgendwie nicht wirklich zu einem doch wesentlichen Aspekts der Rune Fehu: Jede Geburt ist mit einer destruktiven Urkraft verbunden!
Bei Säugetieren ist es eine blutige und scherzhafte Prozedur. Auch ein Küken muss seine Eierschale durchbrechen um das Licht der Welt zu erblicken und auch ein Pflanzenkeimling durchbricht die harte Erdoberfläche. Die Befruchtung selbst ist voller Kampfenergie und der Samen dringt “gewaltsam” in die Eizelle ein. Diese Kampfenergie ist Lebenswille und Lebenskraft! Um wachsen zu können musst Du Dir Denen Platz in der Welt “erkämpfen”. Dieser eine erste Schritt ist absolut wesentlich!

Durch ihr enormes Potenzial der Ausdehnung ist Fehu eine verstärkende Rune die die Kraft anderer Runen vermehrt.

Steht die Rune Fehu für sich allein ist dieser Ausdehnung keine Richtung gegeben. Es gibt keinen Ursprung und man weiß nicht, was sich wohin ausdehnt.
Genau das empfinde ich als chaotisch und auch gefährlich an Fehu. Wie ein initiale Funke bei dem es ganz darauf ankommt wohin er fliegt: Ein Lager voller Holzwolle brennt sofort lichterloh, einen kleinen See kann er jedoch nichtmal erwärmen oder erhellen.
Aber genau das ist auch das große Potenzial dieser Rune – die Urkanllenergie, die expansive Schöpfungsenergie – alles ist möglich!


Deutung: Fehu und Feuer

Fehus Potenzial zur eruptiven Entladung destruktiver Energie verbindet diese Rune meines Verständnisses nach mit dem Element Feuer. Wenn es unkontrolliert ausbricht ist es ein Feuersturm, ein Flächenbrand der kompromisslos Veränderungen mit sich bringt – häufig zu einem hohen Preis.

Folgende Meditationsübung fand ich sehr hilfreich um Fehus Feuerenergie besser zu verstehen: Stelle Dir einen Gletscher vor, eine riesige Eiswand die langsam vorrückt und alles in ihrem Weg unter sich begräbt. Auf diese Eiswand rollt eine Feuerwalze von gigantischem Ausmaß zu. Sie brandet gegen das Eis, schmilzt es und drängt den Gletscher so zurück. Aber nicht lange! Den Gletscher hinab fließen Ströme von Wasser und löschen das Feuer aus. Doch auch das Wasser kann den Sieg nicht davontragen. Die Hitze des Feuers lässt es verdampfen und gewaltige Dampfwolken steigen zum Himmel hinauf. Das Feuer gewinnt neue Kraft und wirft sich wieder der Eiswand entgegen. So geht es immer weiter hin und her und weder Feuer noch Eis können diesen Kampf für sich entscheiden.

Das sind die titanischen Riesenkräfte aus denen vor sehr sehr langer Zeit das Leben selbst entstand!

Dieses wilde Feuer, diese Entschlossenheit ist manchmal schlicht notwendig für die Geburt von etwas Neuem!

Nüchtern betrachtet könnte die recht gängige Deutung von Fehu als Feuerrune jedoch auch schlicht ein Übersetzungsfehler des Prof. F. Fischbach sein (Fischbach 1900: Ursprung der Buchstaben Gutenbergs). Da die Interpretationen von Fischbach bis heute sehr kontrovers diskutiert werden möchte ich an dieser Stelle lediglich die Möglichkeit der Interpretierbarkeit betonen.


Deutung: Fehu als ausgleichende Kraft

Das oben beschriebene Bild von Gletscher und Feuersäule und auch das Phänomen dass Reichtum und Macht mit einer großen Verantwortung für den Frieden verbunden sind, zeigen die ausgleichende Kraft von Fehu. Die Rune lehrt uns die Notwendigkeit des verantwortungsvollen Umgangs mit der Kraft der Runen.

Für diese Deutung spricht auch Karl Simrocks Übersetzung von Odins Runenlied:

Lieder kenn ich, die kann die Königin nicht
Und keines Menschen Kind.
Hilfe verheißt mir eins, denn helfen mag es
In Streiten und Zwisten und in allen Sorgen.


Persönliche Anmerkungen und Updates

07.12.2018:

“In Fehu steckt die Kraft der Bereitschaft etwas zu Großes Beginnen – beispielsweise eine Runenreise.
Ich werde immer zu Fehu zurückkommen wenn ich das Gefühl habe auf meiner Reise zu schwächeln, denn Fehu wird mir wieder Kraft und Antrieb verleihen um meinen Weg weiter zu gehen! Ich bin auch sehr gespannt auf die Art und Weise wie Fehu die anderen Runen verstärkt.”

16.12.2018:

“Bei meinen Recherchen über die nächste Rune Uruz bin ich auf einen Umstand gestoßen der nochmals die Frage: “Kuh oder Stier?” aufwirft. In vielen Interpretationen von Männern wird Fehu als “domestiziertes Rind” und weiblich beschrieben. Am Anfang steht die Geburt und in der nordischen Mythologie war das erste Wesen im All die Ur-Kuh. Uruz wird von diesen Autoren meist als Auerochse gedeutet der für physische (maskuline) Stärke steht.

In vielen Interpretationen von Frauen wird die “Kuh oder Stier?” Frage genau andersherum beantwortet. Hier steht am Anfang der männliche Samen den das Weibliche aufnehmen kann. Der Urknall mit seiner enormen destruktiven Expansionskraft. Die Autorinnen sehen oft in Uruz das langsame, organische und gleichmäßige Wachstum und die Kraft der Mutter Erde. Den Begriff “Mutter Erde” im Uruz-Kontext habe ich bei männlichen Autoren fast nie gehört oder gelesen.

Was sagt mir das? Wir sind hier wieder ganz am Anfang und beim ersten Blogbeitrag “Runen als Werkzeuge der Magie”. Jeder deutet die Runen nach eigenem und besten Wissen und Gewissen. Es gibt keine “allgemeingültige” Deutung und jeder muss sich seinen ganz eigenen Zugang zu den Runen erarbeiten. Ich bin wirklich sehr gespannt, welche Erfahrungen ich noch mit der Rune Fehu machen werde :)”


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